BECHTOLD
11. März bis 24. Mai 2020
MKM Museum Küppersmühle für Moderne Kunst, Duisburg
Virtueller Rundgang mit MKM-Direktor
Walter Smerling
Nicht so viel Zeit? Hier der Rundgang in kompakter Form:
Malerei als Suche nach Freiheit, als Gegenpol zu Ideologie und als Ausdruck von Unabhängigkeit: Dieses künstlerische Grundverständnis liegt den Werken von Erwin Bechtold (*1925 in Köln) zugrunde. Als radikale Konsequenz entschied er sich gegen das Erbe des Familienunternehmens und für ein Leben als freier Künstler und Grafiker und wanderte in den 1950er-Jahren nach Spanien aus. Im Umfeld Franco-oppositioneller Künstlerkreise, wo nächtliche Geheim-Vernissagen nichts Ungewöhnliches waren, begann Bechtold seine künstlerische Laufbahn. Heute gehört er zu den wichtigsten Vertretern der abstrakten Nachkriegskunst in Deutschland und Spanien.
Im April feiert Erwin Bechtold seinen 95. Geburtstag – und steht noch immer fast täglich im Atelier. Das MKM Museum Küppersmühle zeigt aus diesem Anlass eine umfassende, retrospektiv angelegte Ausstellung mit Werken aus sieben Jahrzehnten, an der der Künstler intensiv mitgewirkt hat.
Einem Architekten nicht unähnlich baue ich meine Bilder. Der Mensch steht im Mittelpunkt meiner Arbeit – und er lebt, wie die Natur, in Kontrasten, Spannungen, Störungen. Wir sind in das Spiel der geordneten Unordnung, der ungeordneten Ordnung existentiell eingebunden. Meine Bilder sind der Versuch, diese komplexe Unergründlichkeit in die künstlerische Wirklichkeit umzusetzen. [Erwin Bechtold]
Im Zentrum der abstrakten Werke steht die Ambivalenz von Ordnung und Unordnung, von Gestalten und (Zer)Stören. Sie findet sich im Aufbau der Bilder, aber auch in deren markanter, reliefartiger Oberflächenstruktur mit ihren Rissen und Brüchen. Gegensätze, so der Künstler, sollten in jedem guten Bild eine Rolle spielen. Das fängt bei der weitgehenden Reduktion seiner Palette auf Schwarz und Weiß an und geht bis zur Dekonstruktion geometrischer Grundformen. Zentrales Element in fast allen Werken ist die Beziehung zwischen der Linie als emotionaler Komponente und dem Raum als rationaler Komponente: „Das Beziehungsgeflecht von Gefühl und Ratio ist wesentlich für meine Arbeit. Meine geometrischen Formen werden häufig durchbrochen von unkontrollierten, spontanen Gesten.“
Auch der Kontrast von gleißendem Südlicht und tiefem Schatten ist in Bechtolds Bilder eingeflossen, ebenso wie die kubische Architektur auf Ibiza mit ihrer Spannung zwischen Geometrie und Handwerk. Bildtitel wie Discordia beschreiben das System, in dem sich Bechtold bewegt: Ordnungen sind dazu da, gestört zu werden: “Einem Architekten nicht unähnlich baue ich meine Bilder. Der Mensch steht im Mittelpunkt meiner Arbeit – und er lebt, wie die Natur, in Kontrasten, Spannungen, Störungen. Wir sind in das Spiel der geordneten Unordnung, der ungeordneten Ordnung existentiell eingebunden. Meine Bilder sind der Versuch, diese komplexe Unergründlichkeit in die künstlerische Wirklichkeit umzusetzen.“
Die Ausstellungspräsentation folgt keiner Chronologie, sondern orientiert sich an der künstlerischen Aussage, ausgehend von frühen informellen bis hin zu geometrisch angelegten Gemälden und Papierarbeiten, die das Prinzip der Störung verbindet. In den jüngeren Arbeiten verbinden sich gestisch-zeichnerische und konstruktiv-geometrische Werkanteile und bringen die Spannung zwischen der Malerei „aus dem Bauch“ (das Gestische) und der „intellektuellen“ Malerei (das Geometrische) zusammen.
Biografisches
Erwin Bechtold wurde 1925 in Köln geboren. In den 1950er-Jahren ging er zunächst nach Paris, anschließend nach Barcelona. Seit 1958 lebt er auf Ibiza, fasziniert von der dortigen traditionellen Bauweise und den Lichtverhältnissen. Gefragt, wie man auf der Mittelmeer-Insel arbeiten kann, ohne der Farbe zu erliegen, hält Bechtold entgegen: „Schwarz ist für mich eine Farbe. Voller Nuancen. Mehr Farbe lenkt zu sehr ab. Wo viel Licht ist, ist auch Schatten, und gerade dieses helle Licht bringt besonders dunkle, schwarze Schatten hervor. Dieser Gegensatz interessiert mich. Ibiza ist für mich eine Welt der Kontraste.“
1968 präsentierte Bechtold seine Werke auf der documenta in Kassel. Seine Bilder und Grafiken finden sich in zahlreichen wichtigen Sammlungen, darunter Fundació Juan Miro (Barcelona), Museo Nacional Reina Sofía (Madrid), Sammlung zeitgenössischer Kunst der Bundesrepublik Deutschland (Bonn), Sammlung Ströher (Duisburg/Darmstadt), Museum Ludwig (Köln), Von der Heydt-Museum (Wuppertal), Tate Gallery (London), Carnegie Museum of Art (Pittsburgh/USA), Graphische Sammlung Albertina (Wien) u.a.
BEGLEITPROGRAMM +++ ENTFÄLLT +++
Was wir alles Schönes gemacht hätten, findet sich hier:
BEGLEITPROGRAMM
ErwinBechtold_Flyer_Begleitprogramm.pdf (464 Downloads)
Organisation
Eine Ausstellung der Stiftung für Kunst und Kultur e.V. Bonn, kuratiert von Eva Müller-Remmert.
Förderer
Das Projekt wird ermöglicht mit freundlicher Unterstützung der Sparkasse Duisburg.
Katalog
Zur Ausstellung erscheint ein umfassender Katalog mit Beiträgen von Nicola Carola Heuwinkel, Eva Müller-Remmert, Christoph Zuschlag und einem Gespräch mit Erwin Bechtold, geführt von Walter Smerling.
29 EUR Museumsausgabe
Wienand Verlag, Köln 2020